Die Ausgangslage in Nienstedt
Viele Nienstedterinnen und Nienstedter vermissen seit Jahren einen Ort, an dem sie sich zum Feierabendbier, zu einem zünftigen Mittagessen oder einem schönen Stück Kuchen mit ihren Mitbürgern, mit Freunden oder Bekannten treffen können.
Es fehlt eine Gastwirtschaft, es fehlen Möglichkeiten für die Älteren, sich auszutauschen und für die Jugendlichen und die Kinder, Gemeinsames zu erleben.
Es fehlt trotz der besonderen Lage von Nienstedt ein Ort für Besucher zur Übernachtung, ein schöner Ort für private Feiern.
Es fehlt ein schöner Dorfmittelpunkt.
Was lag daher also näher, als zu versuchen, diese traumhafte Anlage als Gemeinschaft zu erwerben und nach eigenen Wünschen zu gestalten und damit die Defizite Nienstedts zu kompensieren.
Der Bitte an den
Förderverein des Schullandheims der Leibnizschule für ein Zeitfenster von drei Monaten wurde dankenswerter Weise entsprochen und dann später weiter auf maximal sechs Monate verlängert.
Innerhalb kürzester Zeit fand sich durch Internet-Aufruf, E-Mail- und Flyeraktionen ein „Freundeskreis Sophienhof“ mit über 350 am Projekt interessierten Einwohnern.
Davon nahmen über 200 Personen am Angebot von Führungen durch Gelände und Gebäude teil.
Letztendlich bildete sich ein vorbereitender Arbeitskreis von 30 Aktiven, die bereit waren Zeit und Mühen in ein Übernahmekonzept zu investieren.
Dabei hätte sich das „Gemeinschafts-Projekt Sophienhof" wegen der coronabedingten Kontaktbeschränkungen für seinen Start keinen unglücklicheren Zeitpunkt aussuchen können. Außer eines ganz am Anfang im Sophienhof noch möglichen Live-Treffens, fanden alle nachfolgenden Besprechungen per Zoom-Videokonferenz statt.
Dabei erarbeiteten sechs Teams folgende Themen:
Zur Halbzeit an Weihnachten 2020 haben dann die Nienstedter Bürger und Bürgerinnen den Arbeitskreis durch den Kauf von 350 speziell hergestellten Kalendern unterstützt.
Nach und nach wurde ein unverwechselbares Gesamt-Konzept erstellt, bei dem das Thema Gastronomie zwar einen großen Stellenwert bekam, aber von vornherein war klar, dass zusätzliche flankierende Maßnahmen nötig sind, um die hohen Renovierungskosten und danach eine gute Auslastung der Gastronomie zu gewährleisten.
Durch die besondere Lage unseres Ortes und des Sophienhofes im Landschaftschutzgebiet Deister und dem unter Naturschutz stehenden Walterbachtal als beliebtes Ausflugsziel, lag es auf der Hand, für die Gesamtplanung das Thema „Umwelt- & Naturerlebnis“ als konzeptionellen Überbegriff zu etablieren.
Um die gesamte Anlage sinnvoll zu nutzen, wurde ein Konzept aus vier tragenden Säulen erstellt:
Säule I: Beherbergung
Der Sophienhof war 20 Jahre lang eine Villa, ca. 10 Jahre ein Kinderkrankenhaus und fast 90 Jahre ein beliebtes Schullandheim.
Das Schullandheim Nienstedt wurde im Jahr 1991 vom Kultusministerium als Standort für eine Umweltstation zur Bildung für nachhaltige Entwicklung ausgewählt.
Nachdem einige Schulen Interesse an einer Kooperation zeigten, entstand die Idee, von Montag bis Freitag Schul- und Seminargruppen zu beherbergen.
Schulkinder auf Klassenfahrt und Landheimaufenthalt könnten mit Spiel und Spaß die Natur erforschen und sich dabei für den Umweltschutz begeistern.
Jugendgruppen, Vereine, Firmen und Privatpersonen könnten Team-Events, Seminare und natur-, umwelt- und wildnispädagogische Workshops buchen, um Zugänge zur Natur zu finden, Achtsamkeit dem Leben gegenüber zu fördern und Verbundenheit zwischen Menschen und der Natur zu entwickeln.
Am Wochenende ständen dann die Zimmer Gästen von Feierlichkeiten, Wanderern, Radfahrern, Kulturveranstaltungen, Seminaren usw. zur Verfügung.
Eine zusätzliche Ergänzung durch sehr einfache kleine Gästehäuser (Finnhütten) um einen Lagerfeuerplatz würde zum Charakter eines „Umwelt- & Naturerlebnis Camps“ beitragen und gleichzeitig das Haupthaus wegen der Brandschutzauflagen bei hoher Belegung entlasten.
Säule II: Gastronomie
Viele Deister- Lokale überbrücken die besucherschwachen Wochentage, indem sie geschlossen bleiben. Durch eine vielschichtige Nutzung des Sophienhofes durch verschiedene Akteure entwickelte die Arbeitsgruppe ein Gesamtkonzept, das Nienstedt die gewünschte Gastronomie ermöglichen würde.
Danach würde von Montag bis Freitag mittags die Verpflegung der Schul- und Seminargruppen im Vordergrund stehen. Optional wäre ein Kaffee-Angebot für Gäste möglich.
Freitag, Samstag und Sontag stände der Fokus auf Essen und Trinken für Nienstedter und die zahlreichen Deister-Besucher.
Dazu wurden mehrere Ortsbesichtigungen mit erfahrenen Gastronomen durchgeführt und folgende Erkenntnis gewonnen:
Die vorhandene Küche im Keller ist zwar gut ausgestattet und hat für eine Jugendherberge gereicht, ist aber für die Ansprüche einer modernen Gastronomie ungeeignet.
Die Idee war, eine offene Küche direkt in den Gastraum zu etablieren. Wegen der Wetter- und Jahreszeitbedingten Besucherschwankungen müsste der Betrieb auch ohne große personelle Ressourcen garantiert werden. Das leistet nur ein Selbstbedienungs-Konzept.
Säule III: Outdoor Aktivitäten
Der Deister ist ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer, Radfahrer und Mountainbiker. Der Sophienhof könnte an den Wochenenden Ausgangspunkt für ihre Touren sein, wovon sowohl Herberge als auch Gastronomie profitieren.
Dazu könnte man Ladestationen für E-Bikes und einen Abstellraum für Fahrräder anbieten. Auf dem Asphaltplatz könnten an den Wochenenden Parkplätze und Stellplätze für Wohnmobile vermietet werden. Zur Diskussion stand auch, eine kleine Ecke als Mountainbike-Schule zu verpachten.
Säule IV: Kultur /Gemeinschaftsleben
Mehrzweckhalle, Backhaus, Werkstatt, Sauna, Außengelände stünden natürlich den Gästen, als auch den Nienstedtern zur Verfügung. Geregelt werden sollte die Nutzung durch einen Belegungsplan. Die Idee war, Arbeitsgruppen zu gründen, die die Verantwortung für einzelne Gebäude übernehmen. Es böten sich hier die Möglichkeit für regelmäßige Skat- und Saunaabende, Theater- oder Musikgruppen.
Regelmäßige Kulturevents, wie Konzerte, Flohmarkt und Weinfest würden die Gemeinschaft beleben und zusätzliche Einnahmen generieren.
So weit die Konzepte, aber zusätzlich waren unzählige Themen abzuarbeiten: Mit dem Kauf vom Park und den Immobilien vom Sophienhof war nicht getan. Wir müssten nicht nur die laufenden Kosten und die Renovierung kalkulieren, sondern vorab sehr viele Fragen bezüglich Nutzungsbeschränkungen klären. Das ganze Areal liegt im Landschaftsschutzgebiet und enthält viele Auflagen, die erst einmal mit dem Bauaufsichtsamt in Hameln abgeklärt werden müssten.
Die Fragen reichen von der Genehmigung einer ständigen Hausmeister oder Gastronomie-Pächter-Wohnung, einer vielleicht nötigen Einzäunung des Sees, Auflagen für geänderte Zuwegung, Parkplätzen, Umnutzung von Gebäudeteilen wegen Brandschutzauflagen und so vielem mehr, bis zur mehrwöchigen Sperrung der Lauenauer Straße wegen der Krötenwanderung.
Die erste und vielversprechende Besprechung mit der Stadt Bad Münder fand eine Woche vor dem Projektende statt.
Für den Erwerb des Sophienhof standen zwei Ideen im Raum:
1. Gründung einer
Genossenschaft
und Erwerb über die Genossenschaftsanteile,
2.
Übernahme des bestehenden alten
Trägervereins
und seiner Verbindlichkeiten.
Mitte März 2021 drängte der Trägerverein auf eine zügige Entscheidung, weil das gewährte Zeitfenster von sechs Monaten ablief.
Daher wandte sich der vorbereitende Arbeitskreis an die Unterstützer und Interessierten im „Freundeskreis Sophienhof“ mit einer Eilumfrage zu zwei Optionen:
Entweder den Kauf von Grundstück und Gebäude durch einen zu gründen „Förderverein Dorfentwicklung Nienstedt e. V.“ für eine sechsstellige Summe oder alternativ die Übernahme das bestehenden Trägervereins Schullandheim der Leibnizschule, welches die Möglichkeit geboten hätte Zeit für die weitere Ausarbeitung der Konzepte zu gewinnen.
Allerdings wäre die Übernahme des Vereins mit erheblichen finanziellen Risiken verbunden und dazu kämen jährliche Unterhalts- und Renovierungskosten im sechsstelligen Bereich.
Die Unsicherheiten der Vereinsübernahme wurden von denen, die sich in der Online-Umfrage zurückgemeldet hatten mehrheitlich als zu hoch eingestuft und abgelehnt.
Positiv anzusehen, war die innerhalb von nur zwei Tagen zugesagte
Spendensumme von mehr als 22.000 Euro als der beste Beweis dafür, was in Nienstedt möglich gemacht werden kann.
Die zugesagten Spendengelder sind angesichts der abgesagten Vereinsübernahme natürlich wieder frei und von jedem uneingeschränkt verfügbar. Die Fragestellung zur Spendenbereitschaft bezog sich einzig und allein auf den Fall der Übernahme des bestehenden Vereins der Leibnizschule. Eine Verpflichtung, an der Spendenzusage für etwaige andere Projekte der Dorfgemeinschaft festzuhalten, besteht selbstverständlich nicht.
Auf Grundlage dieses Ergebnisses wurde der Vorstand des Vereins Schullandheim Nienstedt der Leibnizschule e.V. am
21.03.2021 darüber informiert, dass ein
Kauf oder die Übernahme des Vereins von den Nienstedtern
nicht weiterverfolgt wird.
Ob wir nach dem zukünftigen Eigentümerwechsel eventuell noch einbezogen werden, und wenn ja, in welchem Umfang, bleibt abzuwarten.
Wir danken dem Trägerverein der Leibnizschule, der uns die Gelegenheit eingeräumt hat, den Sophienhof für die Dorfgemeinschaft zu erhalten. Das Projekt war von Anfang an extrem ambitioniert. Unterm Strich ist es sehr positiv zu bewerten, dass sich ein harmonischer Kreis von Aktiven gefunden hat, der sechs Monate sehr kreativ gearbeitet hat. Und das in Zeiten, in denen wegen des Lockdowns ausschließlich per Videokonferenz miteinander kommuniziert werden konnte.
Ganz herzlichen Dank sagen wir auch allen
Mitgliedern des vorbereitenden Arbeitskreises, die sich nicht entmutigen lassen haben und trotz aller Widrigkeiten stets positiv und kreativ bis zur letzten Sekunde „gekämpft“ haben.
Wir sind nicht gescheitert! Wir haben versucht, den Traum vom Sophienhof wahr werden zu lassen und dabei viel gewonnen:
Akzeptanz und großen Respekt, auch von öffentlichen Stellen, sowie das Wissen um unsere Stärken und den Glauben daran, etwas für Nienstedt erreichen zu können. Und genau an dieser Stelle machen wir einfach weiter.
Wie es weiter geht:
Die Arbeit der vergangenen Monate und die bereits geschilderte positive Resonanz auf unsere Vorhaben, hat uns darin bestärkt, einen „Förderverein Dorfentwicklung Nienstedt im Deister e.V.“ zu gründen, der sich um Themen wie Nahversorgung, Mobilität, Gesundheit, Nachhaltigkeit und Ausbau vorhandener Einrichtungen in Nienstedt kümmert.
Dabei liegen uns besonders die kleinen, überschaubaren Projekte am Herzen, wie z. B. die Reaktivierung des derzeit brach liegenden Fußballheims, die eine große Wirkung auf die Dorfgemeinschaft haben können.
Nach einer kurzen Verschnaufpause, die sich alle Mitglieder unseres Arbeitskreises redlich verdient haben, werden wir uns wegen des zu gründenden Förderverein Dorfentwicklung Nienstedt im Deister e.V., mit Ihnen in Verbindung setzen. Das Startkapital von mehr als 3.000 Euro aus der Kalender-Aktion ist ja schon vorhanden. Zudem haben wir vor wenigen Tagen vom Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser die Förderung für sechs Beratertage bekommen, um uns beim Förderprogramm Zukunftsräume Niedersachsen zu bewerben.
Mit besten Grüßen und bleiben Sie gesund.
Im Auftrag des vorbereitenden AK Sophienhof (Ostern 2021)
Hans-Wilhelm Hurt
Deisterstraße 33
31848 Bad Münder/OT Nienstedt
Mobil: 0172 4 123 110
E-Mail: hw.hurt@googlemail.com
Der nachfolgende Film und die Bilder zeigen den aktuellen Zustand der Gebäude, der Hütten und der märchenhaften Landschaft mit Bachlauf, Teichen und altem Baumbestand in ihrem Dornröschenschlaf.